Behind the scene: "Rock inside" at LinuxNacht

14.05.2013 22:28

Bassist Andi von der Rockband Shearer, Special Guest der LinuxNacht, erzählt, was ihr Label von der CC-Lizenz hält und was an dem LinuxNacht-Auftritt besonders sein wird.

(c) Shearer, CC-BY-SA

Andi, hast Du persönlich einen Bezug zu Linux und Open Source?

Ich bin Informatiker, arbeite als Programmierer, also: Klar habe ich einen Bezug zu Linux und Open Source. Ich benutze Linux allerdings nicht privat, weil weder Cubase  noch der Magix Video Maker darauf laufen. Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke: Auf meinem NAS läuft Linux! Und überhaupt ist mir als Mitglied einer "Open-Source-Band" der Gedanke dahinter sehr sympathisch. Deshalb freue ich mich sehr, auf der LinuxNacht dabei zu sein. Klingt für mich wie ein perfektes Date.

Eurer Auftritt bei der LinuxNacht wird etwas Besonderes. Inwiefern?

Also, eigentlich sind alle unsere Auftritte etwas Besonderes für die Besucher. Wo sonst kriegt man die vollwertige Gratis-CDs an den Kopf geworfen, wenn man nicht aufpasst? Aber stimmt, diesmal wird es noch besonderer. Wegen urlaubsbedingter Abwesenheit unseres Gitarristen haben wir beschlossen, die Akustik-Klampfen auszupacken. Statt lauter, böser, verzerrter Rockmusik gibt es also laute, böse, unverzerrte Rockmusik. (Lacht) Nein, Spaß, böse waren wir noch nie. Für die Akustik-Session haben wir natürlich einige Songs umarrangiert, um den Besonderheiten hohler dünner Holzplatten gerecht zu werden. Wer zum Beispiel unseren Song "Monument" kennt, wird auf der LinuxNacht überrascht sein, wie man aus einem Punkrock-Hit einen Rock'n'Roll-Blues-Ohrwurm machen kann.

Ihr rockt seit 2006 unter CC-Lizenz und veröffentlicht Eure Werke parallel zur kostenpflichtigen CD als freien Download. Wieso?

Wir haben es nie als Problem angesehen, dass unsere Alben raubkopiert werden könnten. Stattdessen haben wir vielmehr mit den Gatekeepern der Musikindustrie zu kämpfen gehabt. Sprich, die großen Labels haben in uns nicht genug Profitpotential gesehen, um in uns zu investieren. Also schauten wir selbst, wie wir die Leute erreichen. Große Werbung konnten wir uns nicht leisten, also haben wir den Grassroots-Weg gewählt, unsere Musik allen frei verfügbar zu machen. Im Internet ist das kostenlose Werbung, mit der wir unseren Bekanntheitsgrad steigern. So entdecken uns die Leute da draußen. Und die Musikindustrie kann nichts dagegen tun! Auch die Presse reagiert darauf sehr positiv. In Deutschland sind freie Lizenzen in der Rockszene immer noch sehr ungewöhnlich. Das ist gut für uns, denn so haben wir ein Alleinstellungsmerkmal.

Ihr schreibt auf Eurer Webseite ganz groß: "No DRM, no copyprotection, no bullshit." Was sagt denn Eure Plattenfirma dazu?

Unsere alte Plattenfirma hat das als Experiment mitgemacht, war aber nicht wirklich begeistert. Die letzten beiden Alben haben wir bei afmusic veröffentlicht. Das ist ein wunderbares Netlabel, dass sich auf Bands wie uns spezialisiert hat. Musikalisch geht es dort zwar meist mehr in die Gothic- und Wave-Richtung, aber wir sind dort sicher nicht die einzigen mir einer Vorliebe für freie Lizenzen. Wir sind wirklich froh, einen gleichgesinnten Partner gefunden zu haben.

Für nicht so Versierte und andere Neugiereige: Wo und wie oft trefft Ihr Euch? Wie laufen Eure Proben ab?

Wir wohnen zwar alle mehr an der Grenze zwischen Prenzlauer Berg und Wedding (gleich verteilt auf beide Seiten), proben aber in Lichtenberg im Berliner Rockhaus. Wann und wie oft, variiert stark. Das hängt davon ab, wie wir gerade mit unseren Dayjobs klarkommen, oder wie viele Auftritte demnächst anstehen, oder ob wir gerade neue Songs aufnehmen, oder sich ein Bandmitglied mit einem Groupie in die Südsee abgesetzt hat. Einer der eben genannten Punkte ist übrigens frei erfunden. Proben laufen bei uns meist nach folgendem Muster ab: Alles anschalten, Krach machen bis gut ist, alles ausschalten und nach Hause fahren. Manchmal proben wir für Auftritte, manchmal arbeiten wir an neuen Songs, manchmal jammen wir einfach ein bisschen.

Magst Du was zu Eurem aktuellen Album "Duck on Cover" sagen?

Diese Songs sind größtenteils außerhalb des Proberaums entstanden. Grund war ein langer krankheitsbedingter Ausfall unsere Drummers. Überlegt euch das wirklich gut, ob ihr euch in Thailand auf so ein kleines Moped wagen wollt, das sag' ich euch. Statt die Songs also gemeinsam zu erarbeiten, hat unser Olli die Grundidee mit Gaga-Text meist bei sich aufgenommen und in die Dropbox geworfen. Zu Songs, die mir gefallen haben, habe ich dann einen Text geschrieben. Die sind diesmal im Schnitt deutlich düsterer geworden als auf den letzten Alben. So ist das halt - wenn alles gut ist, muss ich nicht darüber schreiben. Musik und Texte wurden dann so lange in einer iterativen Vorgehensweise (Scrum und Kanban lassen grüßen) verbessert, bis wir sie für gut befunden haben. Da unsere Aufnahmezeiten nicht von unseren Finanzen oder den gebuchten Studioterminen abhängig war, konnten wir alles in unserem Tempo machen. Das ist für uns sehr schön entspannt gewesen.

Wie produziert Ihr Eure Videos? Sowas kostet doch Geld, oder?

Ja, sowas kostet auf jeden Fall Geld. Für Magix Movie Maker sind rund 100 Euro fällig. Und für zwei Kompaktkameras muss man nochmal ein paar Hunderter einrechnen. Aber da man die sowieso privat besitzt, rechnen wir die mal nicht mit ein. Mit dem Equipment konnte ich jedenfalls problemlos unsere ganzen Aufnahme-Trailer produzieren, die auf der Webseite stehen. Schnittaufwand um die drei bis vier Stunden pro Stück. Wir sind eine Do-it-yourself-Band. Und Video- und Audio-Schnittsoftware sind uns sehr ähnlich. Für die Promo-Videos des neuen Albums haben wir die Aufnahmen bei verschiedenen Leuten auf Fiverr.com in Auftrag gegeben. Was die Leute alles für fünf Dollar machen -- Wahnsinn. Seit Neuestem benutzen wir gelegentlich auch After Effects. Das war die größte Investition bisher in diesem Bereich. Aber wir glauben, das lohnt sich, weil wir mit den Videos einen persönlicheren Kontakt mit unseren Fans aufbauen können.

Wie ist Shearer zusammen gekommen?

Olli und ich sind bereits im Jahr 1 nach Bandgründung eingestiegen. Als die Band ein paar Jahre später erste Auflösungserscheinungen zeigte, haben wir Ronny und Matze auf einem gemeinsamen Konzert kennengelernt. Und zwar haben die beiden zu dem Zeitpunkt bei den Strikes gespielt, einer Deutschpunkband, die sich zu dem Zeitpunkt gerade in Auflösung befand. In Matze und Ronny war aber noch zu viel Spielfreude, um die Instrumente an den Nagel zu hängen. Also haben sie bei uns mitgemacht. Und das funktioniert seitdem auch sehr gut, ohne weitere Umbesetzungen.

Das sind die Shearers:

Die Berliner Rockband Shearer sind seit 2005 Olli Shearer (Vocals, Gitarre), Andi Shearer (Backings, Bass), Ronny Shearer (Backings, Gitarre) und Matze Shearer (Drums). Davor gab es die Band schon fünf Jahre, aber nach diversen Auswechslern ist keines der Gründungsmitglieder mehr dabei. Einfach umbenennen ging nicht, sagen sie: Sie hatten schließlich noch T-Shirts über!

Die erste offizielle Release "Makin-A-Munson" im Jahr 2006 stand unter Creative Commons. Treibende Kraft war damals Andi Shearer: Seine Informatik-Diplomarbeit trug den Titel "Filesharing is inevitable". Und nachdem die Band von Plattenfirmen immer nur Antworten bekommen hatte, die sich mit "Ihr seid hier falsch" auf einen Nenner bringen lassen, war es Andi ein leichtes, die anderen von den Möglichkeiten und Perspektiven einer freien Lizenz zu überzeugen. Die Alben sind sowohl im konventionellen Vertrieb als auch im freien Download erhältlich.

Die Shearer bezeichnen sich selbst als ganz normale Menschen mit Vollzeitjobs, die sich in ihrer Leidenschaft zur Musik zusammengefunden haben. Sie glauben, die Welt damit ein bisschen besser zu machen: Nicht nur mit dem Was, sondern auch mit dem Wie. Das vierte und aktuelle Album "Duck on Cover" mit 12 neuen Songs stammt von Mai 2013.

Web (mit lustigen Videos und guter Musik): http://www.shearer.de


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